Das Heer Karl des Kühnen vor Neuss

Karl der Kühne ließ seine nach Nationen oder sonstiger Herkunft unterschiedenen Abteilungen in der folgenden Weise Stellung beziehen: Den Abschnitt zwischen der Erftmündung um die Südseite herum bis nahe an das Zolltor übernahm er selbst mit seinen Burgundern und Pikarden, der Schwerpunkt dieser größten Abteilung seiner Armee lag vor dem Obertor. Über die Südwest- und Westflanke der Stadt verteilte er die Truppenkontingente aus den Niederen Landen: dem Zolltor gegenüber die Lütticher, dem Hamtor gegenüber die Gelderer; daran anschließend, zwischen Hamtor und Niedertor, ließ er die Flanderer mit einigen anderen Scharen verschiedener Herkunft Aufstellung nehmen; unterhalb des Niedertors zum Rheintor hin postierte er die Brüsseler und Mechelner nebst kleineren Kampfgruppen aus anderen Provinzen. Das Rheintor umschlossen die Lombarden; von ihrem nördlichen Kampfabschnitt setzten sie später auf die Rheininseln über. Die Verbindung zwischen ihnen und dem Heer des Herzogs, so weit sie durch den Rheinarm nicht unterbrochen wurde, stellte das Korps der Engländer her, die vor dem südöstlichen Teil der Stadt, auf dem damals Ham genannten Wiesengelände zwischen dem von Osten her kommenden Rheinarm und der Erftmündung, ihre Stellung bezogen.

Aus den Zahlenangaben, die in verschiedenen Berichten zu verschiedenen Zeiten der Belagerung gemacht wurden – und die dementsprechend unterschiedlich sind -, geht hervor, daß Karl der Kühne seine Truppen am stärksten in den Abschnitten vor dem Obertor und, um ein deutliches geringer, um das Rheintor konzentriert hatte; hier lag mehr als die Hälfte seiner Kampftruppen. Am schwächsten war der Abschnitt vor der Westflanke der Stadt besetzt worden, nur ein Fünftel bis ein Sechstel seiner Armee hatte er über diese ganze Strecke hin postiert. Hier lagen mit denen aus Lüttich, Geldern, Flandern, Brüssel und Mecheln auch die Truppenteile, denen der Herzog die geringste Kampfkraft zumessen und einen weniger ausgeprägten Kampfwillen zutrauen mußte. Einer der genauesten Berichterstatter schreibt über die Lütticher vor dem Zolltor, sie hätten „mehr notgedrungen als freiwillig, eben als vom Herzog Besiegte“ an der Belagerung teilgenommen und in die Kämpfe wenig eingegriffen, zumal sie wußten, daß einige ihrer Landsleute auf der anderen Seite der Mauer standen. Und über die Geldrer im Hamtorabschnitt sagte er, sie seien „der Stadt noch mehr wohlgesonnen“ gewesen, einmal weil es unter den Neussern nicht wenige gab, die aus Gelderland stammten, zum andern wegen der geldrischen Söldner, die auf Neusser Seite kämpften. Auch im übrigen gab es Unterschiede in der Armee Karls des Kühnen. Die Lombarden galten als Krieger, die im Kampf sehr zu fürchten waren; darüber hinaus wurden sie gemieden: sie waren wenig beliebt selbst bei den Burgundern. Die Engländer wurden wegen ihrer Kampfkraft und Ausrüstung hoch eingeschätzt. Jede Heeresabteilung legte hinter dem ihr zugewiesenen Abschnitt ihr Feldlager an. Es wurde außen befestigt durch einen Ring zusammengeschobener Wagen, mit denen das schwere Belagerungsgerät, die Geschütze – nur die leichteren fuhren auf Lafetten, diese waren eine von Burgund eingeführte Neuerung -, die Büchsen, die gewichtigeren Handwaffen, Pulver und Munition, die Zelte samt Schnüren und Stangen und alles weitere Troßzubehör herangeführt worden waren, Diese „Wagenburg“ genannte Feldlager wurde durch einen ringsum aufgeworfenen Wall verstärkt. Innen schlug man die Zelte auf, die Rundzelte wurden „Pavillons“ genannt. Der Herzog hatte mit seiner eigenen Armee etwa zweitausend Zelte herführen lassen; wer nicht zu seiner Ritterschaft und deren Aufgebot gehörte oder in seinem Sold stand, mußte für Zelt und Lager selbst sorgen. Auf die Zelte hatten es die Neusser bei ihren häufigen Ausfällen aus der Stadt besonders abgesehen, teils um sie auszurauben, vor allem aber um sie niederzubrennen. Der Winter auf 1475 wurde kalt und besonders niederschlagsreich. Karl der Kühne sah sich genötigt, hauptsächlich an die flandrischen, brabantischen und holländischen Städte dringende Appelle zu richten, Zelte nachzuliefern. Eine Belagerung, die auch den Winter über aufrechterhalten wurde, war etwas ganz Ungewöhnliches. „Denkt ein bißchen nach“, schrieb sein Historiograph aus dem Feldlager vor Neuss, „ihr reichen Bürger und andern Meckerer, die ihr über den Stand des Adels murrt, die ihr in friedlicher Stille und angenehmer Ruhe lebt, umgeben von gemauerten Türmen und starken Festungen, denkt ein bißchen nach und seht ein, daß die adligen Ritter überhaupt keinen Vorteil haben! Ihr bringt die gute Zeit in friedvoller Sicherheit dahin, und sie sind im Kampfgetümmel tödlichem Leiden ausgesetzt; ihr schlaft in den Städten, wohl zugedeckt in euren Ruhebetten, und sie liegen auf den Feldern, immer das Feuer in ihrem Rücken; ihr lebt dahin in der Hoffnung, euer Anwesen zu vergrößern, und sie sterben für euch und euer Erbe.“

Das vor dem Obertor gelegene Oberkloster mit dem Baumgarten. An der Stelle, die mit einem Sternchen bezeichnet ist, soll das Zelt Karl des Kühnen gestanden haben

„Einen Bogenschuß weit“ vor dem Obertor lag damals, neben der Straße nach Köln, ein großes Kloster der regulierten Chorherren vom Augustinerorden. Entgegen dem Kriegsbrauch der Zeit hatten die Neusser selbst auf die Gefahr, daß sich der Gegner darin festsetzen würde, das Kloster nicht abgerissen. Vom Prior des Augustinerklosters im maasländischen Roermond über den Abmarsch der Burgunder aus Maastricht benachrichtigt, hatte der Neusser Prior Zeit gefunden, sein Kloster zu evakuieren, alle wertvollen Gegenstände rechtsrheinisch in Sicherheit zu bringen und seine Mönche auf die Klöster des Ordens im Bergischen und im Klevischen zu verteilen. Ein gutes Dutzend hatte er in die Stadt abgeordnet; den Subprior, seinen Stellvertreter, ließ er mit einigen Mönchen im Kloster vor dem Obertor zurück. Die Vorräte des Klosters an Lebensmitteln, an Wein und Getreide, Butter und Käse sowie die von den Mönchen gehaltenen Haustiere wurden in die Stadt gebracht, dazu alles Blei, das man aus den Dächern der Klostergebäude gebrochen hatte, und eine größere Anzahl von Balken und Bohlen: alles auf Anordnung Hermanns von Hessen. Dieses Kloster erwählte sich Karl der Kühne zu seinem Hauptquartier. In den weitläufigen Baumanlagen des Klostergartens ließ er die Zelte des Stabes und seiner Leibgarde aufschlagen sowie sein eigenes aus zwei Räumen bestehendes heizbares Prunkzelt. Von hier aus leitete er die ganze Zeit über die Belagerung von Neuss. Er hatte kein Feldbett in seinem Zelt aufstellen lassen, nachts schlief er in einem Sessel, bewaffnet. „Wir haben einen Herzog“, schrieb ein Mann des hohen Adels aus seiner Umgebung an einen in Burgund zurückgebliebenen Freund, „der fliegt wie eine Schwalbe und ist beweglicher als sie: in einer Stunde ist er im Abschnitt der Italiener und einen Augenblick später bei den Engländern. Er geht zu den Holländern, Hennegauern und Pikarden. Er gibt den Leuten der Ordonnanzkompagnien Befehle und erteilt Anordnungen an die, die er mit Ländereien ausgestattet hat. Und ich sage Euch, daß er weder die seines Stabes noch die seiner Garde müßig sein läßt. Er ist immerfort auf den Beinen und ruht sich niemals aus: man sieht ihn. überall.“ Es waren nicht nur Truppenführer und politische Berater, die er sich aus seinem Frühsommerlager in Luxemburg mitgebracht hatte; auch Ärzte und Naturgelehrte, „mehrere Doktoren der verschiedenen Fakultäten und ausgezeichnete Theologen waren bei ihm.“ Die Theologen hielten vor ihm in der Kirche des Klosters vor dem Obertor öfters die Predigt. Inmitten seiner Bewaffneten und anderer Besucher war er regelmäßig beim Gottesdienst anwesend, kniend hörte er die Messe. Zusammen mit den Herren seines Gefolges und seines Hohen Rates, deren jeder seinen Hausgeistlichen bei sich hatte, befolgte er, wenn nicht ein militärisches Unternehmen ihn hinausrief, die täglichen Andachtsstunden, die nach der Ordnung der Dominikaner abgehalten wurden.

Wir wüßten über diese Einzelheiten nicht Bescheid, hätte sie nicht einer der Insassen des Klosters auf den letzten Seiten einer „Großen Chronik, in welcher vorzüglich belgische Angelegenheiten und Familien sorgsam beschrieben werden“, die leider unvollendet geblieben ist, in lateinischer Sprache mit aller Genauigkeit aufgezeichnet. Zwar gehörte er zu denen, die von ihrem Prior in die Stadt entsandt wurden, und hat dort in nächster Nähe unseres Christian Wierstraet, wie einige bis ins kleinste gehende Übereinstimmungen mit dessen Bericht verraten, die Belagerung überdauert; doch konnte er nach dem Abzug der Burgunder die im Kloster zurückgebliebenen Mönche über ihre Beobachtungen und die Vorgänge befragen, die von der Stadt aus nicht wahrgenommen werden konnten. Hätte er aus Gründen, die wir nicht kennen, seine Chronik der Ereignisse um Neuss nicht schon in den Augusttagen des Jahres 1474 abgebrochen, er würde sicher den für uns wertvollsten Bericht der Belagerung gegeben haben. Von allen Berichterstattern war er der einzige, dem beide Perspektiven zugänglich waren, die von innen und die von außen; dazu verfügte er über einen sehr klaren, knappen Beschreibungsstil.

Karl der Kühne zahlte guten Sold, dafür mußten vor allem seine großen Städte aufkommen, zumal die in Flandern und Brabant; sie zählten durch den Fleiß und das Geschick ihrer Bürger zu den wohlhabendsten Europas. Eine Truppe, die zu Zehntausenden mit gutem Sold im Feld lag, zog vielerlei Volk an, das bei ihr seine Geschäfte suchte. Hinter dem Befehlsstand des Herzogs, der sich über das ganze Klostergrundstück hinzog, tat sich eine Stadt von Buden und Hütten auf. Das Holz, das man dazu brauchte, hatte man aus dem kölnischen und Jülicher Hinterland zusammengeholt; selbst Fensterglas, Öfen und Kaminziegel hatte man aufgetrieben. Alles, was die Truppe suchte, um sich aufzufrischen, lag dort zum Kauf aus. Apotheker, Quacksalber, Badstuben und Barbiere; Waffenschmiede, Juweliere, Tuchhändler und Trödler; Schankwirte, Weinstuben, Hotellerien, Bratküchen und Fischhändler; Kabaretts, Spielbuden und Tavernen; Spielleute und Spaßmacher; dazu „eine Menge Frauen und Mädchen, deren Zahl, wie erzählt wurde, sich an die zweitausend belief“: sie alle boten dort an, womit sie Geld verdienen konnten. Ein ganzer Jahrmarkt mit Straßen und Gassen, geometrisch angelegt, „mit vernünftigen Preisen und so reichhaltigem Angebot wie in den besten Städten dieses Landes“, daß man denken konnte, man sei auf dem Markt von Gent oder Brügge. Kinder wurden dort getauft, Ehen geschlossen, Tote beerdigt und Verwundete gepflegt. Mit den weltlichen Leuten war „eine nicht kleine Schar“ von Mönchspriestern des Bettelordens, aber auch anderer Orden, dem Heer nachgezogen. Das war, an der Straße nach Köln hinter dem Quartier des Herzogs, ein Stück von dem, was in den offiziellen Berichten von burgundischer Seite die Großartigkeit der Belagerung von Neuss genannt wurde. „Die Belagerung dauerte über alle Monate an, die das Jahr hat, und es war die schönste und mit allen Dingen am meisten ausgestattete Belagerung, die man bis dahin gesehen hat“, schrieb der eine, und der andere: „Eine bewundernswerte Sache und die aufwendigste, die zu unserer Zeit jemals gesehen worden ist, war es um die Belagerung von Neuss.“ So aber sagten sie, als sie, mittlerweile alt geworden, Memoiren schrieben: die Rückerinnerung verklärte die Eindrücke, die sie empfangen hatten, als sie dabei waren, Doch auch unmittelbare Eindrücke sind uns überliefert. In einem der wenigen Briefe privaten Charakters aus dem Feldlager von Neuss, die erhalten sind, schrieb einer der Statthalter des Herzogs in den Niederlanden an einen Vertrauten nach Hause: „Der Donner von drei Bombarden klingt nicht nach Musik von Instrumenten, und ihr Rauch, in den wir eingehüllt sind, riecht nicht nach dem Duft von eingemachten Früchten. Kugeln aus Hakenbüchsen und Feldgeschützen fliegen dichter um uns als die Pfeile in einer Schlacht mit Engländern. Ihr könnt Euch selbst ausmalen, ob unsere Zelte, vereist und mit Schnee bedeckt, deutsche Badestuben, ob die Federn unserer Betten holländische Daunen sind, ob das Pflaster unserer Straßen, in deren Schlamm wir bis zu den Knien einsinken, der Marktplatz von Valenciennes ist. Ich habe Unterkunft in einem Kloster gefunden, und zwar in dem Gebäude, das die Schlafräume enthält, dort sind kleine Zimmer und Kammern, in denen jetzt Mönche wohnen, die anderen Orden angehören als die, die früher darin lebten. Und an diesem Ort kann ich täglich einen großen Teil der Mißlichkeiten dieser Welt kennenlernen. Denn in einigen von ihnen, durch Überfluß an Geld, wird den ganzen Tag über Karten gespielt, und in andern hat man aus Mangel an Geld nichts zu essen. Die einen singen und spielen Flöte und andere Instrumente, die andern weinen und jammern um ihre toten Verwandten oder auch über ihre eigene Krankheit. Auf der einen Seite höre ich mit lärmender Freude schreien: „Wer trinkt, ist König!“ und auf der andern: „Jesus!“ denen zum Geleit, die in den letzten Todesqualen sind. Dirnen treten in die einen Zimmer ein, und aus den andern das Kreuz, das den leblosen Körpern vorangeht, die man zur Beerdigung trägt. Gott allein, der die Ursache dieser Unvereinbarkeiten kennt, muß man diese Dinge erzählen und alle anderen.“

Eine Armee, die im Feld lag, nahm ihre Verpflegung für den täglichen Bedarf aus dem umliegenden Land. Dies war einer der Gründe dafür gewesen, daß Karl der Kühne, wie schon im Jahre zuvor seinen Feldzug gegen Geldern, sein Unternehmen gegen Neuss vor der Einbringung der Ernte begonnen hatte, „zu jener Zeit, da Könige und Fürsten zu den Kriegen zu schreiten pflegen: wenn für die Pferde das Futter auf den Feldern gefunden wird und die Speicher der Belagerten leer sind“. Im rückwärtigen Gebiet, vor allem auf Köln und Jülich hin, stand das flache Land den Raubzügen und Requirierungen der Belagerer offen. Erst wenn sie auf ihren Streifzügen den Außenposten der Kölner zu nahe kamen, die in Erwartung des Burgunders allein an fremdem Kriegsvolk siebentausend Mann in ihren Mauern zusammengezogen hatten, liefen sie Gefahr, in Gefechte verwickelt zu werden. Das ungeschützte Land zwischen Neuss und Köln wurde zum Schauplatz fortgesetzter Plänkeleien zwischen burgundischen und kölnischen Söldnertrupps; dabei führten sich die von Köln bezahlten, wenig geordneten und schlecht geführten Kriegsknechte dem Land und den Leuten gegenüber nicht rücksichtsvoller auf als ihre Gegner. Ein zur Beobachtung der Dinge um Neuss und zur Berichterstattung abgesandter Bürger der freien Reichsstadt Frankfurt am Main schrieb darüber im Spätsommer aus Köln an den Rat seiner Stadt: „Die Fußknechte dieser Art tun dem Heer spürbaren Abbruch und nehmen ihm von seinen Söldnern viele ab, heute fünf, morgen sechs, und sie erstechen sie zum größeren Teil und finden viel Geld bei ihnen. Am Sankt Bartholomäustag gegen acht Uhr kamen vierzehn Fußknechte und brachten zwei englische Soldaten mit ihren Panzerwesten und hatten fünf erschlagen, zwei waren entlaufen, und brachten elf Pferde mit und fünfzehnhundert bis zweitausend Gulden, die sie, wie sie sagten, bei ihnen gefunden hatten. Ich sah die Gefangenen und redete selbst mit den Tätern: sie hatten es in der Nacht in einem Wald zwei Meilen von Köln getan. Dergleichen Händel geschehen viel und arten meistenteils zum Ermorden im Feld aus. – Ich will Eurer Ehrsamen Weisheit nicht vorenthalten, daß sie, wie mir berichtet wurde, ein Wasserschloß genannt „Zum Forst“ eingenommen, niedergebrannt und geschleift haben, und den Edelmann, dem es gehört hat, darauf mit etlichen Knechten gefangen, doch den Edelmann wieder frei gelassen haben, und es waren derer zu Pferde an die vier- oder fünfhundert und der Fußknechte an die fünfzehn- oder sechzehnhundert. – Von der Stadt Neuss ist über etliche Tage hin nicht weiter die Rede gewesen, außer daß dem früheren Vernehmen nach sie sich dort gut halten; ich weiß zu dieser Zeit nichts Neues als dieses: Köln ist ein gutes Raubschloß. Selten ein Tag, an dem nicht wenigstens ein Raub oder mehr hereinkommt, und sie sind dabei bisher ohne Verlust zurückgekehrt.“

Am Südrand des Kölner Erzbistums, rheinaufwärts von Bonn, hatte Karl der Kühne im Zusammenwirken mit dem amtsenthobenen Erzbischof Ruprecht eine Sperre über den Rhein gelegt, um den Nachschub vom oberen Deutschland nach Köln und Neuss zu unterbinden. Er stützte sich dabei auf einige mittelrheinische Städte, die weiterhin zu Ruprecht hielten, vor allem auf Sinzig und Remagen sowie auf Linz und Honnef auf der andern Rheinseite. Vor Beginn des Neusser Unternehmens hatte er in die Städte, von denen ihm das rechtsrheinische Linz am wichtigsten war, burgundische Garnisonen gelegt. Als Linz von dem Reichsheer, das sich unterdessen mühsam und schwerfällig bei Koblenz gesammdt hatte, bereits eingeschlossen war, führte der Chef des Stabes und der Garde Karls des Kühnen, Olivier de la Marche, im kältesten Winter von Neuss aus ein bravouröses Reiterstück weit über Köln hinauf, um die burgundische Garnison von Linz mit Mannschaft, Mehl, Getreide und Sold zu versorgen. Der Zug des Olivier de la Marche in den ersten Januartagen 1475 durchmaß das Territorium von Kurköln in seiner ganzen Länge, ohne daß die Kölner auch nur den Versuch gemacht hätten, den zweitausend Berittenen entgegenzutreten. Lediglich ein paar Dutzend Bauern, in deren Dörfern das Reiterkorps Unterkunft für die Nacht und Futter für die Pferde forderte, traten gegen sie auf; sie wurden niedergemacht. Nichts in den Kölner Berichten deutet darauf hin, daß man überhaupt bemerkt hatte, daß das Unternehmen von Neuss herauf und nach Neuss zurück geführt worden war.

Über die Grenzen von Kurköln hinaus soll der Hintergrund des Bildes von der Belagerung von Neuss, aus dem wir die Stadt selbst, um dem Bericht Wierstraets nichts vorwegzunehmen, ausgespart haben, nicht gezeichnet werden.

 

 

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